Der künstlerische Wert von Klavierarrangements wurde nicht nur in der Forschung lange Zeit missachtet, auch viele Komponisten schätzen die Gattung wenig. Dabei symbolisierte kaum eine andere Gattung stärker die Verbürgerlichung der Musik im 19. Jahrhundert, ermöglichte sie doch das Spielen ‚großer‘ Werke am heimischen Klavier.
Johannes Brahms’ (1833–1897) durchaus kontroverses Verhältnis zum Arrangement wurde nun im Rahmen eines Gesprächskonzertes in der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur thematisiert. Dabei zeigte sich zugleich auch die gewandelte Haltung der musikwissenschaftlichen Forschung dieser Gattung gegenüber – ein Wechsel, der sich nicht zuletzt in umfangreichen Editionsprojekten niederschlägt.
Charismatisch gaben Dr. Michael Struck und Dr. Katrin Eich, Mitarbeiter der in Kiel ansässigen und von der Mainzer Akademie mitbetreuten Brahms-Forschungsstelle, Einblicke in den Fortgang des Editionsprojektes Gesamtausgabe; einige zur Ansicht ausgestellte Exemplare machten diesen darüber hinaus sichtbar. Durch zahlreiche Originalzitate vermittelten Struck und Eich ein authentisches Bild von dem Komponisten Brahms, seinem Umfeld und seiner Haltung gegenüber Arrangements: So sind einerseits Arrangements eigener Werke, bei denen der Komponist in der Regel sehr viel freier mit dem vorgegebenen Material umgeht, von denen fremder Werke und den – oft von Brahms kritisierten – Bearbeitungen seiner Werke durch Fremde zu unterscheiden. Desgleichen ist der Zweck des Arrangements zu hinterfragen, der sowohl in für Liebhaber spielbarem Material liegen als auch für Brahms als erste Klangvorstellung eines größer besetzten Werkes fungieren kann. Am Beispiel mehrerer von Brahms selbst arrangierten Fassungen eigener Werke, darunter ein Teil aus Ein deutsches Requiem, wurden die vielfältigen Klangmöglichkeiten stimmungsvoll verdeutlicht. Gespielt wurden die Stücke für Klavier zu vier Händen von dem renommierten Duo Silke-Thora Matthies und Christian Köhn, die mit einem absolut harmonischen Zusammenspiel beeindruckten. Höhepunkt bildete der Finalsatz Rondo alla Zingarese aus Opus 25, ein für Klavierquartett komponiertes Werk.
Allgemeine Zeitung (Rhein Main Presse) vom 9. Mai 2009 (Autorin: Cornelia Nöckel)