(Serie IIA, Band 1), hrsg. von Katrin Eich, München 2018
Mit den Arrangements der Streichsextette op. 18 und op. 36 für ein Klavier zu vier Händen wurde im Rahmen der JBG im Jahr 2018 der zweite Band mit Klavierbearbeitungen eigener Kammermusik-Werke vorgelegt (der erste Band mit den von Jakob Hauschildt herausgegebenen Arrangements der Streichquartette op. 51 Nr. 1/2 und op. 67 erschien 2015). Nicht enthalten ist die ursprünglich ebenfalls für diesen Band eingeplante Fassung des 2. Satzes aus dem 1. Sextett für Soloklavier, die Brahms im überlieferten Autograph als »Thema mit Variationen« betitelte und die er (ebenso wie Clara Schumann, der er das Manuskript schenkte) öffentlich spielte, doch nicht drucken ließ. Sie stellt kein Gebrauchs¬arrangement im üblichen Sinne dar, sondern weist eine eigenständige Prägung auf. Vorgesehen ist diese Fassung nun für den Band mit den Variationen für Klavier zu zwei Händen (Serie III, Band 5), in den sie sich auch unter kompositionsgeschichtlichen Aspekten sinnvoll einfügt.
Die Streichsextett-Arrangements gehören zu den frühen Klavierarrangements des Komponisten. Sie entstanden wenig später als die jeweils zugehörige Hauptfassung, mit der zusammen sie im Simrock-Verlag im Druck erschienen (op. 18: Ende Dezember 1861, op. 36: Mitte April 1866). Der Zeitpunkt der Veröffentlichung lässt sich dabei in beiden Fällen nicht dem Brahms-Briefwechsel entnehmen, sondern vielmehr (teilweise unpublizierten) Briefen aus dem Umfeld des Komponisten. Für beide Arrangements ist an handschriftlichen Quellen jeweils die in Partitur geschriebene autographe Stichvorlage erhalten. Diese stellt die maßgebliche Referenzquelle für die ebenfalls in Partitur wiedergegebene Neu-Edition dar, die hauptsächlich der jeweiligen Erstausgabe folgt. Hier liegt allerdings, wie seinerzeit üblich, eine stimmenhafte Aufteilung der Primo- und Secondo-Partie auf gegenüberliegenden Seiten vor. Gedruckte Handexemplare aus Brahms’ Nachlass sind, wie im Fall seiner Arrangements typisch, nicht überliefert, ebenso fehlen Korrekturabzüge aus der Zeit der Drucklegung. Einige signifikante kompositorische Abweichungen des jeweiligen Drucks gegenüber der Stichvorlage belegen immerhin, dass Brahms während der Drucklegung noch Änderungen am Notentext vornahm.
Die Stichvorlagen weisen ihrerseits Revisionen auf, was in Verbindung mit dem Schreibduktus nahelegt, dass vermutlich keine weiteren (früheren) Niederschriften existierten. Im Fall der Stichvorlage zum 1. Sextett wirkte an der Revision zu einem nicht unerheblichen Teil Clara Schumann mit. Im Wesentlichen überschrieb oder verdeutlichte sie darin (durch Rasur bzw. mit Tinte) redaktionelle und kompositorische Änderungen des Komponisten, die dieser nach der ersten Niederschrift meist mit Bleistift notiert oder angedeutet hatte. In wenigen Fällen trug sie kompositorisch-spielpraktische Änderungen offenbar selbsttätig ein, z. B. im Fall von Hand-Kollisionen. Diese für Brahms eher ungewöhnliche skriptural dokumentierte Zusammenarbeit wird in der Neu-Edition erstmals beschrieben und genauer erörtert.