(Serie IA, Band 6), hrsg. von Johannes Behr, München 2014
Nach der 2013 erschienenen Partituredition (I/8) wird nun auch der von Brahms erstellte Klavierauszug des Klavierkonzerts Nr. 2 op. 83 vorgelegt. Es handelt sich dabei um eine Fassung für zwei Klaviere, die eine eigentümliche Mischform ausprägt: Sie enthält zum einen (im Normalstich) den vollständigen Solopart und bietet zum anderen (im Kleinstich) eine Klavierbearbeitung des Orchesterparts, die meist zweihändig, bei pausierender Solostimme jedoch vierhändig gesetzt ist. Anders als heute in Klavierauszügen von Solokonzerten üblich, hat der Spieler des Klaviers I also über den Solopart hinaus etliche Tuttipassagen mit auszuführen.
Im Beziehungsnetz der Quellen zum 2. Klavierkonzert spielte der Klavierauszug an mehreren Knotenpunkten eine wichtige Rolle. Nach Fertigstellung der autographen Partitur im Juli 1881 ließ Brahms einen (unbekannten) Kopisten den Solopart ausschreiben und fügte anschließend sein zwei- bzw. vierhändiges Arrangement des Orchestersatzes hinzu. Das so erstellte Klavierauszug-Manuskript wurde als Stichvorlage für den betreffenden Erstdruck genutzt, welcher bereits im Januar 1882 bei Simrock erschien. Als ab April 1882 auch die Partitur gestochen wurde, zog man für den Klavierpart nicht das Partiturautograph, sondern ein gedrucktes Exemplar des Klavierauszugs als Stichvorlage heran. Auch für die separat herausgegebene Solostimme diente ein von Brahms entsprechend eingerichtetes Klavierauszug-Exemplar als Stichvorlage. Bei der Vorbereitung dieser Stichvorlage sowie bei der anschließenden Korrektur von Solostimme und Partitur nahm Brahms im Klavierpart noch eine Reihe von Änderungen vor, unter denen sich sowohl Fehlerkorrekturen als auch Eingriffe in die kompositorische Substanz befanden.
Entscheidend im vorliegenden Kontext ist der Umstand, dass diese späten Änderungen im Solopart zwar in die Partitur und Solostimme, nicht aber in den Klavierauszug eingingen. Dieser blieb vielmehr auch in späteren Auflagen auf einem in zahlreichen Details fehlerhaften bzw. überholten Stand. Manche der dort konservierten defizitären Lesarten fanden (und finden bis heute) auch Eingang in die Aufführungspraxis.
Die vorliegende Neuausgabe des Klavierauszugs enthält den Solopart in seiner endgültigen, mit Partitur und Solostimme übereinstimmenden Fassung und bietet damit sowohl der wissenschaftlichen als auch der pianistischen Beschäftigung mit dem Werk eine verlässliche Grundlage.